ChatGPT als Poet? Künstliche Intelligenz und Slam

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Im letzten Jahr wurde mit ChatGPT das erste wirklich populäre LLM – Large Language Model – veröffentlicht. Oder, um es weniger nerdig auszudrücken: Eine Künstliche Intelligenz für Texte. Auf kurzen Befehl hin schreibt es Sachtexte, Briefe, Kochrezepte oder… Gedichte. Was heißt das für die Poetry Slam Szene?

Was ist CHatGPT überhaupt?

So erklärt sich ChatGPT selbst

ITler kriegen wahrscheinlich nervöses Augenzucken, wenn wir es als Künstliche Intelligenz bezeichnen. Es gibt natürlich viele Unterschiede in der Art und Weise, wie Maschinen “denken” können. Was ChatGPT tut, ist im Grunde nichts anderes als die Wort-Vorhersage auf deinem Handy: nur viel viel besser. Nachdem das System mit riesigen Mengen an Daten aus dem Internet gefüttert wurde (von wissenschaftlichen Papern bis zum Reddit-Forum), berechnet es letzten Endes nur Wahrscheinlichkeiten. Wie wahrscheinlich folgt auf Wort X das Wort Y, wenn vorher jene Worte im gleichen Kontext standen. Das klingt viel banaler als das Ergebnis: denn ein bisschen ist es auch eine Blackbox. Selbst die Programmierer wissen nicht ganz genau, was im Inneren des Systems vorgeht, weil es “selbst lernt”. Dadurch kommen zum Teil erstaunliche Ergebnisse hervor.

Kann künstliche Intelligenz dichten?

Simple Gedicht-Generatoren gibt es schon lange. Schon 2017 spielten wir bei einer unserer Shows mit dem Gedichtgenerator “Poetron“, performten die entstehenden Quatsch-Gedichte, und freuten uns, dass wir noch nicht durch Maschinen zu ersetzen seien. Mit ChatGPT sind die KIs deutlich aufgerückt. Im Englischen sind sogar schon ganz gute ein- und zweisilbige Reime zu finden. Auf Deutsch ist es noch nicht ganz so gut – aber allein in den letzten vier Monaten ist hier einiges an Qualität dazu gekommen.

Write a poem in rhymes about the end of the world

ChatGPT:
In shadows cast, the world ablaze,
A chilling tale, our final days.
Where echoes fade, and hope is lost,
The end draws near, at any cost.

The skies once blue, now filled with dread,
As whispers spread, of what's ahead.
A dance of chaos, nature's wrath,
The symphony of life's aftermath.

The oceans rise, devouring lands,
As mountains crumble, shifting sands.
The mighty tempests, raging wild,
Reducing cities to a distant child.

The sun, once warm, now cold and pale,
Its fading light, a somber tale.
The moon weeps tears of silent woe,
As stars blink out, their final glow.

No refuge found in manmade walls,
As nature's fury loudly calls.
The end of days, a bitter pill,
As mankind pays its reckless bill.

Yet in this darkness, a glimmer gleams,
A fragile hope within our dreams.
For seeds of change may still take root,
If we unite and resolute.

To heal the wounds we've inflicted deep,
To honor Earth, our solemn keep.
For though the end may seem so near,
Our actions now can quell the fear.

So let us rise, with hearts aflame,
To shield the world from further shame.
For in our hands, a chance is curled,
To shape anew, a better world.

Schreibe ein gereimtes Gedicht über das Ende der Welt

ChatGPT:
In Finsternis gehüllt, die Welt erbebt,
Ein düsteres Kapitel, das sich erhebt.
Wo Hoffnung schwindet, und Angst sich breitet,
Naht das Ende, in steter Zeit.

Der Himmel einst klar, nun trüb und grau,
Vorahnungen erfüllen die Luft genau.
Ein Wirbel der Zerstörung, der Natur Gebot,
Das Lied des Untergangs, ein letzter Todesstoß.

Die Meere erheben sich, Land verschlingend,
Berge erzittern, Sande versinkend.
Die Stürme wüten, wild und wilder,
Städte verwehen, wie Asche im Bilder.

Die Sonne, einst warm, nun kalt und blass,
Ihr schwächelndes Licht, ein Schatten in der Masse.
Der Mond weint stille Tränen der Not,
Sterne verlöschen, kein Strahlengebot.

Kein Schutz in Mauern, die Menschen bauen,
Die Natur lässt ihre Wut nun erschauen.
Das Ende der Tage, bitter und schwer,
Die Menschheit zahlt ihre Sünden so sehr.

Doch in dieser Dunkelheit, ein Funken entfacht,
Eine zarte Hoffnung, die durch uns lacht.
Denn Veränderung keimt in unsrem Sein,
Wenn wir vereint, dem Ruf des Schicksals treu.

Die Wunden heilen, die wir geschlagen,
Der Erde Ehre, in unseren Tagen.
Denn obwohl das Ende scheint so nah,
Unser Handeln gestaltet eine neue Schar.

So erheben wir uns, mit flammendem Herz,
Um die Welt zu schützen vor weiterem Schmerz.
Denn in unseren Händen liegt eine Chance,
Eine bessere Welt, im gemeinsamen Tanz.

Stilistisch ist das schon ein großer Schritt. Zwar hapert es noch manches Mal an der Metrik, mehrsilbige Reime sind rar und hin und ab beugt sich die Grammatik einem allzu erzwungenen Reim. Und Humor hat die Maschine auch noch nicht wirklich gelernt. Aber: die LLMs werden täglich besser. Und letzten Endes ist all das nur: Handwerk. Es lässt sich berechnen, planen und vorhersehen.

Und deshalb ist auch absehbar: nicht mehr lang, und KIs können handwerklich so gut schreiben wie wir.

Was heißt das für die Kunst?

Technische Möglichkeiten beeinflussen die Kunst. Midjourneys Interpretation.

Dass technischer Fortschritt das Kunsthandwerk überholt, ist erstmal nichts neues. Als die Fotografie aufkam, fürchteten Portraitmaler:innen um ihre Zukunft. Mit dem Kino zitterten Theater-Schauspieler:innen. Aber trotz aller Revolution: Malerei existiert noch immer. Und vermutlich gibt es heute weit mehr Schauspieler:innen, als es je in der Geschichte gab. Und natürlich haben wir beim Poetry Slam jenseits der Texte auch immer noch das Live-Element: Die Performance, die die Texte zum Leben erwecken. Trotzdem:

Die Frage ist also viel mehr: was bleibt, wenn das Handwerk sich erübrigt? Wenn alle, die gut performen können, sich ihren Text per ChatGPT schreiben lassen können, weil Reime, Metrum, Humor und selbst eine gute Dramaturgie reproduzierbar sind?

Kunst ist natürlich mehr als das Handwerk. Die Bildende Kunst hat diesen Prozess schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts durchlaufen: Jeder kann ein schwarzes Quadrat malen. Und bald kann eben jeder einen guten Reim schreiben. Aber hätte man vor 50 Jahren eine KI gebeten, ein Kunstwerk zu schaffen – wäre dann ein schwarzes Quadrat dabei herausgekommen?

Das positive Szenario

Die hoffnungsvolle Perspektive ist daher: Vielleicht konzentrieren wir uns mehr auf die unersetzbare Kunst, und weniger auf das ersetzbare Handwerk. Vielleicht kommen Poetry Slammer:innen auf neue Ideen, die noch niemand auf einer Slam-Bühne gemacht hat. Erzählen Geschichten, die authentischer sind als eine KI je sein könnte. Erfinden das Format neu, sprengen die Grenzen, und zeigen, dass Kunst eben nur von Menschen gemacht werden kann. Weil das ihre Definition ist:

Das Wort Kunst bezeichnet im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit von Menschen, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist. Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind.

Wikipedia

Vielleicht nutzen wir ChatGPT und andere KIs irgendwann so, wie wir heute Schreibprogramme, Reimlexika oder Internetrecherche nutzen: Als Werkzeug, um unsere Arbeit zu verbessern. Wir nutzen ein Reimlexikon, wenn wir mal nicht weiterwissen, filtern aus Dutzenden Vorschlägen den einen guten heraus. Wir recherchieren per Google die Fakten, die unserer Story zugrunde liegen, wenn wir inhaltlich stärker und korrekter sein wollen. Wir schreiben am Laptop, weil es schneller geht, weil wir geschriebenes immer wieder editieren und verbessern können, und weil die Grammatik-Korrektur uns auf Fehler hinweist.

All das hat uns nicht dazu gebracht, die Kunst selbst in Frage zu stellen. Wir können sie nur besser, oder professioneller betreiben. Vielleicht wird ChatGPT einfach ein Reimlexikon, Grammatik-Check und Brainstorming-Tool.

Gib mir 5 kreative Ideen für ein Gedicht über “Freundschaft”

Natürliche Metapher:

  • Freundschaft wie ein starker Baum im Wind
  • Wurzeln tief verwurzelt im Boden der Vertrautheit
  • Äste, die sich umarmen und gemeinsam wachsen

Farbenspiel der Freundschaft:

  • Freundschaft wie ein Kaleidoskop aus Farben
  • Ein lebendiges Gemälde aus Lachen, Tränen und Abenteuern
  • Jede Farbe repräsentiert eine einzigartige Eigenschaft des Freundes

Freundschaft als Kompass:

  • Freundschaft wie ein Kompass in stürmischen Zeiten
  • Zeigt den Weg durch Dunkelheit und Unsicherheit
  • Eine sichere Orientierung in einer verwirrenden Welt

Freundschafts-Puzzle:

  • Freundschaft wie ein Puzzle, das sich vollständig fügt
  • Jeder Freund ist ein Teil des Gesamtbildes
  • Zusammen ergänzen wir uns und formen ein einzigartiges Ganzes

Das traurige Szenario

Mensch und Maschine im poetischen Wettstreit. Midjourneys Interpretation.

Natürlich kann es auch düsterer ausgehen. Denn ja, die wichtigste Regel im Poetry Slam ist: “Dein Text muss selbstgeschrieben sein”. Das schließt grundsätzlich ChatGPT-geschriebene Texte aus, wenn es über ein bisschen Tool-Benutzung oder Zitate hinaus geht. Das Problem dabei ist das gleiche wie bei Wissenschaft und Hausarbeiten: Niemand kann es prüfen. ChatGPT-Plagiarismus kann – zumindest aktuell – von nichts gestoppt werden außer der eigenen Moral.

Was wäre also das traurigste Szenario? Nur noch die Idealist:innen und Newcomer:innen schreiben ihre Texte selbst. Alle anderen lassen sich ihre Texte generieren, weil es schneller geht, und sie sie auf “Erfolg” auf der Bühne trimmen können, unabhängig von ihrem eigenen Können. Sie können neue Texte in einer Frequenz raushauen, mit der kein Mensch mithalten kann, und fokussieren ihre Energie stattdessen auf die imposanteste Performance.

Dieses Szenario würde die Kunstart zwar massiv verändern. Aber der letzte Satz verrät schon: Ein Handwerk würde letztlich durch das andere ersetzt. Denn es können eben trotzdem nicht alle gleich erfolgreich sein: Manche werden sich die Mühe machen, ihren Text auswendig zu lernen. Eine ungewöhnliche Performance einzuproben. Sich durch den Auftritt von der Masse abzuheben. Im Grunde wäre das dann… Theater: Texte anderer einzuproben und möglichst authentisch und emotional auf die Bühne bringen. Es wäre eine andere Kunst. Aber es wäre trotzdem Kunst.

Und all das lässt natürlich außen vor, dass die meisten Slammer:innen eben nicht schreiben, um erfolgreich auf der Bühne zu sein. Sondern, weil sie etwas zu sagen haben. Ihrem Stil und Wesen Ausdruck verleihen wollen. Wer mit Poetry Slam anfängt, sucht in der Regel genau das: Eine Bühne für die eigenen Texte. Sonst könnte man ja ans (Laien)Theater gehen.

Die Zukunft des Poetry Slam

Die Integration von KI in die Poetry Slam Szene könnte zu einer spannenden Weiterentwicklung der Kunst führen.

  1. KI-Coaches: Künstlerinnen und Künstler könnten KI-gestützte Tools als Coaches verwenden, um ihre Fähigkeiten im Schreiben und Performen zu verbessern. Diese Tools könnten Feedback geben, alternative Wortvorschläge machen oder sogar Performance-Tipps geben, um die Bühnenpräsenz zu stärken.
  2. KI-generierte Themen und Inspiration: Künstlerinnen und Künstler könnten KI-gestützte Systeme nutzen, um thematische Ideen für ihre Gedichte zu erhalten. Indem sie verschiedene Parameter angeben oder bereits existierende Gedichte in das System eingeben, könnten sie von der KI neue Impulse und unkonventionelle Herangehensweisen erhalten.
  3. Interaktive Performances: Poetry Slam Veranstaltungen könnten interaktiver werden, indem sie das Publikum mit KI-Systemen einbeziehen. Stell dir vor, das Publikum gibt Stichwörter oder Themen ein, und die KI generiert sofort ein passendes Gedicht. Die Performerin oder der Performer könnte dann diese KI-generierten Gedichte in ihre Performance integrieren oder als Inspiration für spontane Reime nutzen.
  4. KI vs. Mensch: Eine aufregende Möglichkeit wäre ein Poetry Slam, bei dem sowohl menschliche Teilnehmer als auch KIs gegeneinander antreten. Die KI-generierten Gedichte könnten mit den von Menschen geschriebenen Gedichten konkurrieren, und das Publikum würde entscheiden, wer den Slam gewinnt. Dies könnte zu faszinierenden Diskussionen über Kreativität, Originalität und die Rolle von KI in der Kunst führen.

Wie bei jeder Technologie ist es wichtig, einen verantwortungsvollen Umgang damit zu pflegen. Die Integration von KI in die Poetry Slam Szene sollte als Werkzeug und Erweiterung der menschlichen Kreativität betrachtet werden, nicht als Ersatz für sie. Es liegt an den Künstlerinnen und Künstlern, die Möglichkeiten zu erkunden und die Grenzen auszuloten, um ein Gleichgewicht zwischen menschlichem Ausdruck und künstlicher Unterstützung zu finden.

…und, hast du was gemerkt?

Der ganze letzte Abschnitt wurde von ChatGPT geschrieben. (Ach und das Cover-Bild kommt übrigens auch von der KI “Midjourney”.) Wohlgemerkt ohne zu wissen, dass wir den Punkt 4 in der Liste schon längst umgesetzt haben. Diesen Januar bei unserem experimentellen “Fusion Slam”, ließen wir KI-geschriebene Texte, von Slammer:innen performt, gegen menschliche Texte antreten. Es war ein spannendes Format. Werden wir das jetzt jedes Mal machen? Sicher nicht. Aber ein bisschen Offenheit für neue Format-Ideen müssen wir vielleicht schon mitbringen.

Kosten die KI-Texte uns unsere Kunst-Jobs?

Realistische Menge Geld die Poet:innen dank KI verdienen werden. Midjourneys Interpretation

Die zunehmende Präsenz von KI-Textgenerierung in der Kunstwelt wirft auch Fragen nach den Auswirkungen auf Kunst-Jobs auf. Wir Kiezpoeten leben nicht zuletzt auch davon, Poetry Slam Texte für Kunden, Preisverleihungen und Co zu schreiben. Können die Vorstandsvorsitzenden und Laudator:innen sich das nicht jetzt einfach von ChatGPT schreiben lassen?

Ich persönlich bin da optimistisch: Die Nachfrage nach menschlich geschriebenen Texten wird weiterhin bestehen bleiben. Menschliche Künstlerinnen und Künstler bringen eine andere Art von Kreativität und die emotionaler Tiefe mit, die von KI-Systemen nur schwer repliziert werden können. Ist deshalb die Angst unberechtigt?

Natürlich müssen Künstler:innen ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und sich anpassen, um in einer sich verändernden künstlerischen Landschaft relevant zu bleiben. Das war schon immer so, wenn sich Dinge neu entwickelten. Gerade die Kunst steht oft eher an der Spitze solcher Prozesse. Aber das heißt auch: Wir müssen lernen, die Vorteile zu nutzen, ohne den Nachteilen zu erliegen. Natürlich ist es leichter, sich einen Auftragstext einfach von ChatGPT generieren zu lassen und dann vorzutragen. Aber im Zweifel opfern wir dieser Effizienz unsere eigene Kreativität. Und die ist schließlich der Grund, warum wir überhaupt Poetry Slam machen. Oder, wie ChatGPT schreibt:

Künstlerinnen und Künstler können von den Effizienzgewinnen profitieren, die KI-Textgenerierungswerkzeuge bieten. Indem sie Routineaufgaben wie das Erstellen von Entwürfen oder das Generieren von Ideen automatisieren, können Künstlerinnen und Künstler mehr Zeit und Energie in die eigentliche kreative Arbeit investieren.

Wer ist der Schöpfer des ChatGPT-Gedichts?

Die zunehmende Verwendung von KI-Textgenerierungswerkzeugen hat Auswirkungen auf die Autorenschaft und Originalität in der Kunst. Während KI-Systeme in der Lage sind, Texte zu generieren, die an menschliche Schöpfungen erinnern, stellt sich die Frage nach der Einzigartigkeit und Authentizität dieser Werke. Künstlerinnen und Künstler müssen sich mit der Herausforderung auseinandersetzen, wie sie ihre individuelle kreative Stimme bewahren und sich von maschinengenerierten Texten abgrenzen können.

Gleichzeitig eröffnet die Zusammenarbeit mit KI-Systemen neue Möglichkeiten der kreativen Exploration, indem sie unkonventionelle Ideen und Perspektiven bieten, die von menschlichen Schöpfern möglicherweise nicht in Betracht gezogen wurden. Es entsteht eine spannende Debatte darüber, wie Originalität und künstlerische Identität in einer KI-unterstützten Kunstwelt definiert werden und wie Künstlerinnen und Künstler diese Technologie nutzen können, um einzigartige Kunstwerke zu schaffen, die sowohl menschliche Kreativität als auch künstliche Intelligenz vereinen. Es liegt an den Künstlerinnen und Künstlern, diesen Balanceakt zu meistern und ihre individuelle Handschrift zu bewahren, während sie die neuen kreativen Möglichkeiten erkunden, die sich in einer von KI geprägten Kunstlandschaft eröffnen.

Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Transparenz und Offenheit im Umgang mit KI-Textgenerierungswerkzeugen. Es ist wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler offen kommunizieren, wenn sie KI-Systeme verwenden, um Texte zu generieren, und deutlich machen, welchen Anteil die KI an der kreativen Arbeit hat. Dies gewährleistet eine transparente Interaktion mit dem Publikum und fördert ein Verständnis für die Rolle und den Einfluss von KI in der Kunst. Die bewusste Entscheidung, wie KI-Systeme eingesetzt werden und welche Verantwortung damit einhergeht, ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Verwendung von KI-Textgenerierungswerkzeugen in der Kunst ethisch verantwortungsbewusst erfolgt.

Braucht es eine KI-Ethik in der Poesie?

“Sollte man KI-Zitate in menschlicher Kunst kennzeichnen?” Midjourneys Inspiration.

Jenseits der Frage, was man überhaupt überprüfen kann, ist die Frage der Urheberschaft ja auch eine Frage des Umfangs. Muss ich es kennzeichnen, wenn ich einer KI meinen Text gebe und sie nur ein paar Wörter daran verbessert? Wenn sie einen Satz hinzuschreibt? Oder eine ganze Strophe? Ab wie viel Umfang wird ein Tool zu einem Zitat, zu einem Plagiat?

Das Zitatrecht in Deutschland ist aus gutem Grund hier nicht explizit. Was relevant ist, ist nicht die Zeichenanzahl, sondern die Schöpfungshöhe. Und ganz ehrlich: Die wurde auch schon vor ChatGPT manchmal nicht erreicht. Auch Menschen gucken sich Texte von anderen Slammer:innen an, und übernehmen Ideen, manchmal Metaphern, ganze Storylines oder gar Text-Passagen. (Was in exzessivem Umfang übrigens wirklich nicht okay ist. Wir mussten schonmal jemanden deshalb disqualifizieren.)

Bisher braucht es keine Disclaimer, welche Tools man für seinen Text verwendet hat. Vielleicht ändert sich das irgendwann – das “#nofilter” der Dichter:innen. Ich denke nicht, dass Poet:innen aufhören werden, ihr Innerstes mit eigenen Worten nach außen zu bringen. Dass unsere Berufsehre dies auch bei Auftragstexten beibehalten wird, auch wenn wir das eine oder andere Mal die digitale Hilfe in Anspruch nehmen werden. Wenn wir in einer Zeile nicht weiterkommen, oder ein Reim einfach nicht besser werden will. Aber deshalb müssen wir trotzdem nicht verteufeln, was da auf uns zukommt. Denn sich gegen neue Entwicklungen abzuschotten ist immer noch die beste Methode, von ihnen abgehängt zu werden.


Autor: Jesko Habert (Hier als absolut unrealistische Illustration durch eine KI) ist vielleicht manchmal ein bisschen zu fortschrittsoptimistisch und immer auf der Suche nach dem neusten Tool. Im Januar 2023 organisierte er gemeinsam mit Samson den ersten Mensch vs. Maschine Poetry Slam.